Reibungsarmes Miniaturlager optimiert die Genauigkeit einer Wärmebildkamera.
Zur präzisen Fokussierung einer Wärmebildkamera benötigte der Hersteller eine Linearführung mit einem extrem reibungsarmen Linearkugellager im Miniaturformat. Standardkomponenten kamen nicht in Frage. So wurde eine Sonderlösung entwickelt, die die anspruchsvollen Vorgaben erfüllte.
„Viele Konstrukteure scheuen den Einsatz von Sonderausführungen, wenn Standard‐Komponenten die Konstruktionsvorgaben für ein neues Gerät nicht erfüllen. Sie halten Spezialanfertigungen für zu teuer“, sagt Jörg Schulden, Bereichsleiter Lineartechnik beim Eschweiler Antriebsspezialisten Rodriguez GmbH. Doch er weiß auch, dass dies so nicht immer der Fall ist. Das kann auch Brian Gattmann, leitender Maschinenbauingenieur beim Messgerätehersteller Fluke bestätigen: „Für eine unserer Wärmebildkameras benötigten wir ein speziell angepasstes Linearlager. Diese Sonderanfertigung hat uns sogar Einsparungen ermöglicht und gleichzeitig die Präzision und Leistungsfähigkeit unserer Konstruktion verbessert.“
Konstruktive Herausforderungen
Die Fluke Corporation, ein Hersteller kompakter, elektronischer Test‐ und Messgeräte für den professionellen Einsatz, sah sich bei der Entwicklung einer neuen Wärmebildkamera mit konstruktiven Schwierigkeiten konfrontiert, die sich mit handelsüblichen Standardkomponenten nicht lösen ließen.
Die Kamera TI400 verfügt über ein Autofokus‐System, das durchgängig scharfe Aufnahmen erstellt – eine wichtige Voraussetzung für präzise Infrarot‐Prüftechnik. Die Kamera verwendet einen Laser, dessen Strahl vom aufzunehmenden Objekt reflektiert wird. Aus der Laufzeit des Laserstrahls ermittelt das Gerät die Entfernung zwischen Kamera und Objekt. Diese Daten werden unmittelbar an die Mechanik der Fokussierung übertragen, die die bewegliche Linse schnell und präzise in den korrekten Abstand zum Bildsensor positioniert.
Die bewegliche Linse befindet sich im Inneren der Kamera, die äußere Linse ist fixiert. Die innere Linse ist so konstruiert, dass sie auf einem Miniatur-Linearkugellager aufliegt und verfährt. Während der Entwicklung stellte sich zunächst heraus, dass gängige Linearlager mit ihrer konstruktionsbedingt hohen Reibung die anspruchsvollen Voraussetzungen zum Abstützen und Positionieren der Linse nicht erfüllen. Gattman erläutert: „Für die Nutzung in einem derart kompakten, leichten, Handmessgerät brauchten wir ein extrem kleines Lager mit gerade einmal 3 mm Durchmesser. Es musste gleichzeitig eine sehr geringe Reibung aufweisen, um den Stromverbrauch für das Fokus‐System zu minimieren, da dieser einen entscheidenden Faktor für die Akkulaufzeit des Gerätes darstellt. Wir hatten bereits festgestellt, dass die handelsüblichen 1/8‐Zoll‐Ball‐Bushing‐Linearlager gute Ergebnisse lieferten. Die von uns benötigte Größe von 3 mm war im Standardprogramm jedoch nicht erhältlich.“
Nach Absprache wurde von der Firma Thomson ein 3‐mm-Sonderlager entwickelt und zur Verfügung gestellt, dessen durchgängig niedriger Reibungskoeffizient es ermöglicht, einen kleinen Motor mit gerade einmal 300 mN Schubkraft zu verwenden. Das bedeutete nicht nur einen niedrigen Stromverbrauch, sondern ermöglichte auch kompaktere Abmessungen der Kamera. Entscheidend war jedoch die sehr niedrige statische Reibung des Lagers, die einen Stick/Slip‐Effekt vermeidet. Dadurch lässt sich der sanft ansprechenden Betrieb für eine schnelle und präzise Scharfstellung erreichen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium war der zulässige Temperaturbereich des Lagers. Wärmebildgeräte müssen auch bei hohen Temperaturen einwandfrei ihren Dienst verrichten. Fluke gab hier 50 °C Umgebungstemperatur vor. In Verbindung mit einem Temperaturanstieg um bis zu 25 °C aufgrund der Wärmeentwicklung im Inneren des Gerätes müssen die Leistungsdaten des Lagers somit bei bis zu 75 °C unverändert sein. Am anderen Ende der Skala können die Lagerungstemperaturen bis auf ‐20 °C absinken, sodass ein gesamter Temperaturbereich von fast 100 °C gefordert war. Neben der erwartet höheren Reibung bei niedrigen Temperaturen aufgrund des sich verfestigenden Schmierfetts zeigte sich in Tests außerdem, dass die Reibung signifikant von der Menge des Schmierfetts im Lager abhängt. Um zu einer optimalen Lösung zu gelangen, wurden mehrere unterschiedliche Schmiermittel getestet und eine Vorrichtung konstruiert, mit der sich exakt die richtige Menge in das Lagergehäuse einbringen lässt. Angesichts der großen Anzahl an verwendeten Lagern war ein späterer Austausch des Standard‐Schmierfetts keine Option. Daher entwickelten die Ingenieure eine Lösung, um das Spezialfett bereits im Produktionsprozess einzubringen. Dazu nutzten sie eine überarbeitete Ausführung der Fluke‐Vorrichtung.
Vorteile der Sonderlösung
Das präzise, reibungsarme Miniatur-Linearkugellager, wie es von Rodriguez vertrieben wird, verringert die Größe und das Gewicht des Endgerätes. Es trägt zu höherer Akkulaufzeit bei und optimiert den Autofokus der mobilen Wärmebildkamera Fluke TI400. Zudem konnte die Sonderausführung des korrosionsfesten Kompaktlagers aus Edelstahl und Polymer die einzigartigen Anforderungen von Fluke erfüllen.
Die beschriebene Lösung ist für Konstrukteure, die sich die Zeit nehmen, eng mit ihren bevorzugten Komponentenlieferanten zusammenzuarbeiten, keine ungewöhnliche Vorgehensweise.
„Über die gesamte Entwicklungsphase bis in die Vorserie hinein haben wir mit Thomson äußerst effektiv zusammengearbeitet. Vom Start des Projekts Ende 2013 bis heute erfolgten alle Lieferungen termingerecht und entsprachen stets unseren Vorgaben. Die enge Kooperation der Unternehmen war ein zentraler Erfolgsfaktor für dieses Projekt“, konstatiert Brain Gattman.
Mit den angepassten Miniaturlagern erhielt Fluke die optimale Linearführungslösung für seine Wärmebildkamera. Die kompakte Einbaugröße, geringe Reibung und hohe Präzision der Standardlager waren für den Messgerätehersteller bereits äußerst attraktiv, und mit nur wenigen Modifikationen konnte der Hersteller die hohen Präzisionsanforderungen seines Kunden erfüllen.
Mehrwert für den Kunden
Konstruktive Sonderlösungen wie das bedarfsgerecht modifizierte Miniaturlager sichern dem Kunden einen technischen Mehrwert und letztendlich einen wirtschaftlichen Vorteil. Deshalb legt Rodriguez in solchen Fällen großen Wert auf die enge Zusammenarbeit mit Projektpartnern, um eine den individuellen Anforderungen gemäße fundierte Beratung zu gewährleisten. Darüber hinaus zählt auch ein umfassender Rundum-Service für den Bereich Lineartechnik zum Angebot der Eschweiler Antriebsspezialisten. Denn nicht nur die Auswahl und Konfiguration der Einzelkomponenten, sondern auch die präzise und sachgerechte Montage ist für die perfekte Funktion einer kundenspezifischen Baugruppe entscheidend.